Interview mit Käpten Nobbi
Unter dem Namen Käpten Nobbi ist der aus Aachen stammende Künstler Paul Sous bereits seit 2015 aktiv. Wir haben Künstler zum Interview gebeten und er verrät uns, was hinter seinem Künstlernamen steckt, warum er sich gerade Affen als seinen favorisierten Charakter ausgesucht hat und wie er durch seine Kunst auf das Thema Müll und Umweltverschmutzung aufmerksam machen will.
Urbanshit Gallery: Erzähl uns ein wenig über Deinen künstlerischen Werdegang. Wie bist Du zur Kunst
gekommen?
Eigentlich habe ich schon immer etwas Kreatives gemacht. Sei es meine Schulhefte angekritzelt oder im Keller alte Muttern und Schrauben mit Heißkleber zu einer Skulptur geformt. Bei uns Zuhause gab und gibt es immer noch viel Kunst in Form von Büchern und Bildern. Wir haben auch Fundstücke wie platt gefahrene Coladosen zu einem Mobile umfunktioniert. Das war für mich früher schon Kunst. So habe ich schon früh erfahren, dass wirklich alles einen künstlerischen Aspekt haben kann. Mit der Zeit sind viele Einflüsse durch das Erwachsenwerden dazu gekommen, die mich in meinem jetzigen Schaffen geprägt haben. Ich habe das immer weiterverfolgt und die Vielseitigkeit der Kunst kennengelernt. Ich bin gelernter Schilder – und Lichtreklamehersteller und danach habe ich drei Jahre Handwerksdesign an der Akademie Gut Rosenberg der HWK Aachen studiert. Danach wollte ich nur noch eins: Von meiner Kunst leben können. Seit 2017 bin ich hauptberuflich Künstler.
Beschreibe deinen Stil in wenigen Worten.
Getreu meinem Motto „Nicht wegschmeißen, da kann man noch was mit machen“ erbeute ich meine Materialien und Untergründe von Werkstoffhöfen. Den Fundstücken, die andere weggeschmissen haben, hauche ich neues Leben ein. Die Form und Farbgebung sind dabei Startpunkt für mein künstlerisches Tun. Ich würde meine Arbeiten als „Neuen Blick auf den Alltag durch Schablone und Sprühlack“ beschreiben und mich selbst als „Sachenmacher“.
Gibt es eine Geschichte, die hinter deinem Künstlernamen steckt?
Als ich angefangen habe den Affen als meinen künstlerischen Weggefährten zu gestalten und auch an Gruppenausstellungen teilzunehmen, musste ich mir einen Künstlernamen zulegen und wollte nicht mit meinem bürgerlichen Namen auftreten. Das war eigentlich eine sehr spontane Geschichte. Der ursprüngliche Affe hatte ein Feinrippunterhemd und einen Piratenhut, auf dem ein Vogel sitzt. Ein sehr schlichtes und freundliches Motiv.
Das Wort „Captain“ war also schonmal gesetzt. Ich wollte es aber subtiler schreiben, so wie es ein Kind schreiben würde. Das Wort „Käpten“ ist dadurch schonmal was anders als das, was man kennt. Danach hatte ich meine Freundin, jetzt Frau, gefragt, was sie meint, wie der Affe heißen könnte. Sie meinte „Ich finde lustige Tiere haben süße Namen“ Da schlug sie „Nobbi“ vor. Also „Käpten Nobbi“? Jop, das passt. Das war sehr intuitiv und ich bin bis heute sehr glücklich über meinen Künstlernamen. Unter „Käpten Nobbi“ habe ich dann auch mit der Zeit andere Kunstrichtungen ausprobiert. Ich tüftele sehr viel und versuche immer wieder neue Gedanken bildlich umzusetzen. Aber der Name bleibt!
Schimpansen sind dein Markenzeichen und immer wiederkehrende Charaktere. Warum gerade Affen und was stellen sie dar?
Manche Kinder wünschen sich Ponys, Katzen, Meerschweinchen. Ich wollte einen Affen haben. Ging aber ja nicht. Das musste ich als Kind erst einmal verstehen. Nun gut. Wenn schon keinen lebendigen, dann eben ganz viele andere. Affen als Plüschtiere, Affen auf Postern, Affen als Schlüsselanhänger … Zur Kommunion habe ich ein Affen-Lexikon bekommen. Darin studierte ich ausführlichst die verschiedenen Affenarten, deren Mimik und Gestik. Mich faszinierte diese Ähnlichkeit mit dem Menschen, dass der Affe tierisch und menschlich zugleich wirkt. Mit Stiften und Wasserfarben kreierte ich von da an meine eigenen „Haustiere“. Viele Jahre später lernte ich den Umgang mit Photoshop. Eingescannt, bearbeitet und auf Stickern ausgedruckt (Postpaket-Aufkleber eignen sich hervorragend dazu), schmückten meine Affen bald die Stadt. In dieser Zeit entstand Käpten Nobbi. Mal mit Piratenhut, dann mit einem Vogel, ein anderes Mal im Feinrippunterhemd. Dieser Affe, in unzähligen Variationen und Materialien, ist noch heute mein treuester Weggefährte. Mit meinen Nobbi kann ich viele meiner Gedanken ausdrücken und er ist ein guter Charakter, der Entschleunigung, Naivität, Ruhe und Witz ausstrahlt.
Woher beziehst du die Inspiration für deine Kunst?
Wirklich komplett aus dem Alltag. Früher hatte ich immer den Drang, mir neue Inspirationen aus Kunstbüchern oder aus der Kunstgeschichte zu holen. Aber die besten Gedanken kommen immer, wenn ich nicht danach suche. Ich muss sie finden und meist sind es Alltagssituationen, die mich beschäftigen und auf Ideen bringen. Beim Spielen mit meinen Kindern, beim Kochen, bei Treffen mit Freunden oder einfach nur auf der Autofahrt kommt die Inspiration.
Wie arbeitest Du? Kannst Du uns etwas über den Entstehungsprozess deiner Arbeit erzählen?
Ich arbeite sehr intuitiv. Vielleicht so wie ein Kind spielt. Ich probiere viel aus, habe Spaß dabei und freue mich, wenn ich ein neues Werk geschaffen habe. Meist kommt für mich dann die Aussage oder die Erkenntnis erst später, wenn ich es schon fertig habe. Die Leichtigkeit und das Spontane spielt für mich eine sehr große Rolle. Vorher habe ich schon eine Vorstellung davon, wie es später vielleicht aussehen könnte. Manchmal haut es hin, manchmal aber so gar nicht. Dann habe ich wieder was dazu gelernt.
Du arbeitest gern auf altem Holz, alten Kisten, Alltagsgegenständen die Du recycelst. Was macht für Dich den Reiz solcher Materialien aus?
Mich reizt das Finden, das Entdecken und die Vorstellung, was daraus werden könnte. Die Farb- und Formgebung meiner Fundstücke sehe ich als Startpunkt meines künstlerischen Schaffens. Mit der Zeit hat sich einiges in meinem Atelier angesammelt. Ich liebe es, weggeworfenen Dingen wieder neues Leben einzuhauchen und das klappt zumindest in der heutigen Zeit sehr gut. Ich habe das aber schon immer gemacht. Bei einer weißen Leinwand wusste ich nie, wie ich anfangen soll. Bei einem Holzbrett, was schon viel erlebt hat durch seine Farbe, Verwitterung und Kratzer brauche ich mir über den Hintergrund schonmal keine Gedanken zu machen. Ich füge dem Gegenstand einfach „nur“ etwas von mir hinzu und schon kann das Fundstück zu Hause, überm Sofa oder in einer Galerie „weiterleben“.
Wie lange dauert es normalerweise zwischen der ursprünglichen Idee und der Umsetzung auf der Straße oder auf der Leinwand?
Ich bin eigentlich relativ schnell, wenn der Gedanke für ein neues Bild da ist. Der Kopf qualmt dann und ich überlege, wie ich es umsetzen kann. Kann der Nobbi das Gewünschte aussagen, vielleicht mit einem Häuschen oder wird es eine Skulptur? Ich arbeite sehr intuitiv und nehme mir meine kostbaren gesammelten Fundstücke aus dem Atelier und dann geht es los. Ich kann schlecht laufende Projekte oder unfertige Bilder ruhenlassen, da ich so schnell wie mögliche sehen will, ob ich meine Gedanken künstlerisch so umsetzten konnte, dass es auch andere sehen und verstehen.
Neben deinen Affen machst Du auch kleine Stadtminiaturen. Entspringen die Stadtkulissen und Häuserwände deiner Fiktion?
Die Begriffe „Zuhause“ und „sich Daheim fühlen“ sind für mich persönlich sehr wichtig und haben auch nicht zuletzt durch meine Kinder eine neue Bedeutung für mich bekommen. Dieses Gefühl drücke ich in meinen Häuserskulpturen aus. Es kommen viele Elemente zusammen. Holzkisten, Miniaturen, Farben etc. So entsteht Haus für Haus intuitiv und lediglich inspiriert von der Realität, aber nicht als genaue Abbildung von realen Gebäuden.
Du setzt Dich dabei vor allem mit dem Thema Müll und Umweltverschmutzung auseinander. Was möchtest Du beim Betrachter mit Deiner Kunst auslösen?
Das globale Thema Müll/ Umweltverschmutzung ist nicht mehr wegzudenken. Trotz aller Aufklärung und Maßnahmen lassen sich die katastrophalen Auswirkungen nicht stoppen. Dieses Thema würde ich sehr gerne vertiefen. Kernpunkt meiner künstlerischen Arbeit ist die Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten, scheinbar banalen Lebens- und Alltagssituationen. Ich stelle meine eigene Wahrnehmung der Alltagswelt dar und bilde sie in Miniaturen ab. Meine Beobachtungen setze ich mit allen möglichen ausgedienten, weggeworfenen Materialien und Dingen um. Mich interessieren die zweiten Blicke. Mülltüten, die seit langem gemeinsam an Häuserecken kauern und auf Abholung hoffen … Sie lassen eine besondere Ästhetik entstehen und scheinen ein geheimes Eigenleben zu führen. Mir ist es wichtig, die Sehgewohnheit des Betrachters aufzugreifen, also an Bekanntes anzuknüpfen. „Unsere Umgebung ist nur so wunderbar, wie wir sie wahrnehmen.“ Aus groß wird klein. So ändert sich der Blick und es findet ein Umdenken statt. Hoffentlich durch meine Kunst auch längerfristig.
Gibt es zukünftige Projekte, von denen Du uns schon erzählen magst?
Durch die Pandemie habe ich mich neu organisieren müssen. Das tat auch gut. Der Fokus steht auf Zusammenarbeit und Kollaborationen. Zuletzt habe ich mit Bobbie Serrano aus Hamburg zusammengearbeitet. Ich stehe mit vielen Künstlern, Filmproduktionen und „Kulturmachern“ im Kontakt und einiges ist auch schon in der Mache. Was noch so kommt, weiß ich selber noch nicht. Aber ich für alles offen und neugierig!
Vielen Dank!
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